0160 / 5644763
birgit@smartylernformeln.de

„Jetzt strenge dich doch endlich mal mehr an!“

18.07.2025

Inhaltsverzeichnis

Alle Artikel

Was hinter solchen Sätzen steckt und wie du dein Kind mit LRS
besser begleiten kannst

Kommt dir die Situation bekannt vor?
Es ist zum Verrücktwerden! Dein Kind bekommt wieder ein Diktat zurück, Lernwörter, tausendmal geschrieben…. Du willst eigentlich trösten und motivieren und sagst dann doch sowas wie:

📢 „Boah, schau mal, wieso schreibst du das falsch? Wir hatten doch so geübt!“
📢 „Du musst einfach besser aufpassen!“
📢 „Hast du dir das Diktat nicht noch einmal durchgelesen bevor du es abgegeben
hast?“
📢 „Lerne doch mal mit deiner Schwester, die zeigt dir, wie’s geht!“

Gut gemeint? Eigentlich ja, aber du bist einfach frustriert, hast Angst.

Hilfreich? Leider nein.

Was kommt denn bei deinem Kind an?

❌ „Ich bin nicht gut genug.“
❌ „Ich mache immer alles falsch.“
❌ „Alle können es, nur ich nicht.“

Und genau da beginnt die Defizitorientierung, ganz leise, ganz schleichend, aber mit großer Wirkung.

Was ist eigentlich damit gemeint?

Der Fokus liegt bei der Defizitorientierung immer auf dem, was nicht klappt.

Logisch: Kinder mit LRS machen mehr Rechtschreibfehler, sie brauchen länger zum

Lesen, haben oft Schwierigkeiten in Englisch.

Aber wenn Eltern und Lehrer:innen immer wieder nur diese Schwächen im Blick haben, entwickeln Kinder ganz häufig ein Selbstbild, das ihnen sehr schadet.

Das fördert keine guten Noten und es kann für die Psyche gefährlich sein.

Was kann denn passieren, wenn ein Kind sich dauernd „falsch“ und „schlecht“ fühlt?

  • Der Selbstwert sinkt, dein Kind glaubt irgendwann, dass mit ihm etwas nicht
    stimmt.
  • Lernvermeidung: Lernen und Schule werden zur Belastung
  • Körperliche Symptome: Bauchweh, Kopfschmerzen, Nervosität vor dem
    Unterricht
  • Verhaltensveränderungen: Rückzug, Wutausbrüche, Lustlosigkeit,
    übertriebene Anstrengung nach dem Motto: „Ich muss perfekt sein!“
    Kurz gesagt: Stress – Dauerstress – eigentlich bräuchte es aber doch Vertrauen und
    Zuversicht.

Hier einmal 5 typische Aussagen, die viele Eltern machen – entweder aus Sorge oder aus Frust. Außerdem Alternativvorschläge:

🚩 1. „Du musst dich mehr anstrengen!“
✅ Besser: „Ich sehe schon, dass du dir Mühe gibst – auch wenn’s gerade noch nicht so ganz klappt.“
Warum das wirkt? Kinder mit LRS strengen sich oft viel mehr an als andere – leider sieht man das häufig nicht an den Ergebnissen. Deshalb brauchen sie Bestätigung für ihren Weg und nicht für das Ergebnis.

🚩 2. „Du bist halt kein Sprachtalent!“
✅ Besser: „Jeder lernt anders, du findest gerade deinen eigenen Weg!“
Warum das wirkt: Selbstvertrauen wird gestärkt (Growth Mindset). Du kannst das NOCH nicht, bist aber auf dem Weg dahin.

🚩 3. „Deine Schwester / dein Bruder konnte das früher viel schneller!“
✅ Besser: „Du hast deine Art zu lernen, völlig in Ordnung!“
Warum das wirkt: Kinder vergleichen sich ständig, wenn du sie individuell wahrnimmst, fühlen sie sich einfach gut und gesehen!

🚩 4. „Das ist doch nicht so schwer!“
✅ Besser: „Was genau war für dich schwierig?“
Warum das wirkt: Du hilfst deinem Kind, das Problem zu benennen, statt es kleinzureden.

🚩 5. „Du musst das jetzt doch endlich mal können!“
✅ Besser: „Du darfst doch Fehler machen! Sie helfen dir zu lernen.“
Warum das wirkt: Wenn Fehler erlaubt sind, entsteht Sicherheit und damit Lernbereitschaft.

Dein Kind braucht nicht noch mehr Druck.

LRS ist keine Faulheit und auch keine Frage von Intelligenz.

Es ist eine besondere Art des Gehirns, Sprache zu verarbeiten.

Wenn du als Elternteil den Fokus weg von den „Fehlern“ lenkst, passiert folgendes:

  • Dein Kind fühlt sich gesehen und nicht bewertet
  • Es fasst Vertrauen in sich selbst – trotz seiner Schwierigkeiten
  • Es beginnt in der Schule wieder mitzumachen – weil es sich nicht über seine
    Fehler definiert.

Jamie Oliver, TV-Koch und Legastheniker sagt über sich:

“I’m a dyslexic, I was never great at school, I couldn’t read properly until I was 11, but I had support and found my thing – cooking.”

„Ich bin Legastheniker, war nie gut in der Schule und konnte nicht richtig lesen, bis ich 11 war. Aber ich hatte immer Unterstützung und habe „mein Ding“ gefunden – Kochen!“

Denn Kinder mit LRS brauchen kein Mitleid, sie brauchen Menschen, die an sie glauben, sie unterstützen und in ihren Fähigkeiten fördern, auch wenn der Weg holprig ist.

Hinterlassen Sie den ersten Kommentar